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15. Bericht zum Entwicklungsdienst mit EDEJU (Januar 2000)

Abschlußbericht - Ein Jahr mit EDEJU in Namibia

Einleitung

Wenn ich mir meinen Halbjahresbericht ansehe, dann spüre ich noch die Euphorie und Hoffnung, die zu der Zeit in mir steckte: Alles war mit viel Mühe in die Wege geleitet und vorbereitet, so daß neue Jugendliche im Rahmen von EDEJU nach Namibia kommen konnten, ohne auf die massiven Anfangsschwierigkeiten zu stoßen, die mir die ersten Monate in Namibia sehr schwer gemacht hatten.

Leider wurde dieser Ansatz und seine umfangreichen Vorbereitungen durch die Schwierigkeiten zwischen EDEJU und dem BMFSFJ (Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend) zunichte gemacht. Als ob das nicht deprimierend genug sei, setzte das BMFSFJ noch einen drauf, und kündigte an meinen Dienst nicht als Ersatz zum Zivildienst anzurechnen. Jeder Versuch mit dem Ministerium zu reden und Kompromisse zu finden wurde von Seiten des Ministeriums ignoriert. Ich erntete bürokratische Sturheit nach einem mühsamen Versuch etwas Hilfe und Hoffnung in Namibia zu sähen, und wurde obendrein noch „bestraft“ indem mein Beitrag nicht gewürdigt, geschweige denn anerkannt wurde.

Meine Arbeit im zweiten Halbjahr war also mit weniger Euphorie begleitet, gerade weil sich meine Aufgaben geändert haben. Nun stand nur noch ich alleine mit meinen Projekten im Mittelpunkt. Versuche mit anderen Organisationen ins Gespräch zu kommen und unser Konzept vorzustellen und in Namibia auszubauen waren in der neuen Situation irrelevant. Am meisten Zeit habe ich in mein Spielzeugprojekt mit ehemaligen Straßenkindern gesteckt. Anfangs funktionierte das Projekt nicht besonders gut, und ich habe gelernt das EDEJU-Konzept der Situation anzupassen und neue Wege zu gehen, die in meinen letzten Monatsberichten beschrieben werden. Hier habe ich zumindest das im Ansatz geschafft, was wirkliche Entwicklungshilfe ist, nämlich Menschen die Möglichkeit und die Reize zu geben aus eigener Kraft die Situation zu verbessern. Nachdem sich die Kinder und Jugendlichen aus meinem Projekt mit viel Mühe und einigen motivationssteigernden Ideen sich die Grundtechnik der Laubsägearbeit angeeignet hatten, fingen sie auf freiwilliger Basis an Spielzeug zu basteln und haben ihre kreativen Ideen dabei umgesetzt, so daß neues Spielzeug entstand und sich die Jugendlichen damit ein Taschengeld verdienen konnten und gleichzeitig ihre handwerklichen Fähigkeiten förderten und ihre Kreativität umsetzen konnten.
Leider habe ich gesehen, daß viel Entwicklungshilfe, und Versuche die Situation in Namibia zu verbessern, sich nicht an dem oben beschriebenen Ansatz orientierten und schon deshalb irgendwann scheitern müssen. Mich hat auch massiv enttäuscht, daß man nicht versucht hat innerhalb der Entwicklungshilfeorganisationen zusammenzuarbeiten oder zumindest Erfahrungen auszutauschen. Es wirken auch viele staatliche Faktoren gegen eine positive Entwicklung von Namibia. Seien es die Schulen, die keine afrikanische Identität aufbauen und Kreativität nur sehr am Rande fördern, seien es die Politiker, die Ansätze zur Eigeninitiative und zum „self employment“ teilweise unterdrücken anstatt zu fördern oder grob gesagt nur egoistische zum Teil sogar verfassungs- und menschenrechtskonforme handeln.

Es scheint fast kein soziales Bewußtsein vorhanden zu sein: Viele kommen mit der Gesellschaft nicht zu recht und verhalten sich deshalb unsozial. Es gibt eine Gruppierung, die versucht afrikanische Identität, soziales Engagement und Hilfe zur Selbsthilfe zu fördern, doch sie ist nicht richtig anerkannt!

Desweitern bleibt es dabei, man kann nur jemandem helfen, der auch selbst versucht sich zu helfen, und dann muß man versuchen unter die Arme zu greifen, aber nicht zu tragen („Give a man a fish and he will eat for one day, teach a man fishing and he will eat forever.“ Arrested Development). Leider scheinen viele Menschen in Namibia noch nicht bereit zu sein ihre Situation zu verbessern, möglicherweise weil sie in ihrer eigenen Hoffnungslosigkeit versunken sind, oder genau wissen, daß sie immer noch einen dummen finden, der hilft, ohne daß sie sich selbst bemühen müssen.

Abschließend möchte ich noch meine eigene Bilanz ziehen, und überlegen, was das Jahr in Namibia mir gebracht hat. Die Entscheidung des BMFSFJ hat mich sehr getroffen, und von einem auf den anderen Tag meine Arbeit als sinnlos erklärt hat. Sicher war nicht alles sinnlos, hatte ich doch schon einiges erreicht. Ich habe viel gelernt über Selbstlernen, ob an mir selbst (dadurch daß ich alleine Projekte aufgebaut und geleitet und eine Technik vermittelt habe, die ich mir vorher alleine angeeignet hatte) oder bei anderen. Ich habe gelernt auf andere zuzugehen selbständiger zu werden und meine Eigeninitiative umzusetzen und natürlich mit Kindern und Jugendlichen umzugehen und etwas zu erreichen. So bleiben mir zumindest viele Erfahrungen zum Teil durch überwundene Schwierigkeiten und interessante Erlebnisse, die mir niemand nehmen kann.

An dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an alle die mich in diesem Jahr unterstützt und mir geholfen haben!

(©) Ingo Frost (Veröffentlicht im Internet unter: http://www-lehre.informatik.uni-osnabrueck.de/~ifrost/nam_lo15.htm, als Newsletter und in brieflicher Form)


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