In dem Ganztageskindergarten sind ca. 75 Kinder, die zum Teil von
der Straße "aufgesammelt" worden sind. In Deutschland wären in
diesen Räumlichkleiten höchstens 20 Kinder untergebracht. Es gibt
keinen Spielplatz: wenig Spielzeug und das meiste ist kaputt. Der
größte Teil der Kinder scheint gesund zu sein (manche dürften
jedoch durch ihre Mütter mit dem Aidsvirus infiziert sein, der am
stärksten ausgebreiteten Krankheit in Namibia). Die hygienischen
Verhältnisse sind ok (zumindest für afrikanische Verhältnisse),
zu essen gibt es genug: Reis oder Maisbrei, dazu wird Leitungswasser
getrunken, welches hier sogar noch Trinkwasserqualität hat. Dieser
Kindergarten ist also nicht sehr gut ausgerüstet, hier gibt es auch
nur 4 Erwachsene, die sich um die Kinder kümmern (alle ohne
entsprechende Ausbildung). Die Kinder von den wirklich armen Eltern
sind hier untergebracht. Die monatliche Gebühr beträgt 30N$
(entspricht ca. 20 DM, wenn man die doppelte Kaufkraft des
Namibiadollars berücksichtigt). Doch selbst diese Gebühr kann von
manchen nicht aufgebracht werden, aber selbst dann dürfen die Kinder
in dem Kindergarten bleiben, da sie sonst alleine zu Hause oder auf
der Straße wären. Ein Teil der Kinder schläft auch ab und
zu im Kindergarten, da die Eltern sie nicht immer abholen.
Nachdem mir Betty alle Fragen beantwortet hatte, bat sie mich aus
Deutschland Geld zu organisieren, weil die Verhältnisse hier so
schlecht seien.
ACHTUNG - typisch Afrika: "Ihr Europär / Amerikaner seid so reich,
und wir so arm, also haben wir den Anspruch von Eurem Reichtum etwas
abzubekommen." Genau dieser Bitte ist man aus Mitleid nachgekommen,
und kommt ihr auch heute noch durch direkte Geldspenden nach. - Mit
verherenden Folgen: Die Afrikaner haben nur eine Möglichkeit aus
ihrer Armut zu entkommen: Sie müssen den harten Weg der
Eigeninitiative, der Arbeit und der Bildung nachgehen, und sich neue
Ziele setzen. Wer dies begriffen hat, kann es zu etwas bringen. Den
meisten fällt es aber sehr schwer, wenn Sie sehen, daß andere
durch reiche Länder unterstützt werden (Kleider, Geld, etc.),
ohne das diese dabei eine Gegenleistung erbringen. Ich erkläre also
Betty, daß ich den Kindergarten unterstützen werde, indem ich
mit ihrem Sohn und ein paar anderen jungen Erwachsenen aus Katutura billiges
Spielzeug herstellen werde (wodurch sie handwerkliches und
kaufmännisches Geschick für eine bessere Zukunft erlangen
können), welches gleichzeitig gut für die Kinder ist (aus
autodidaktischen Gründen: Wenn die Kinder ein Tier aus mehreren
Puzzelteilen zusammensetzten, schult das motorische und kombinatiorische
Fähigkeiten). Dieser Ansatz der Hilfe entspricht dem Hilfe-zur-
Selbsthilfe Prinzip, der in meinen Augen der einzig sinnvolle ist.
Dann fahre ich noch zu einem weiteren Kindergarten (immer noch in
Katutura), indem es verhältnismäßig besser aussieht (der
monatliche Beitrag ist auch fast doppelt so hoch, hier gibt es dafür
sogar einen kleinen Spielplatz).
Danach geht es ins Stadtviertel Hochlandpark. Hier wohnen
hauptsächlich Weiße und besser gestellte Schwarze, die es zu
etwas Geld gebracht haben. Ich fahre zu einem kirchlichen Kindergarten-
College-Zentrum, denn hier hilft mir Epifanio Zezito bei den
Angelegenheiten mit den einheimischen Behörden, und bringt mich in
Kontakt mit anderen sozialen Kinder und Jugendeinrichtungen wie z.B.
dem SOS-Kinderdorf und COLS (=Change Of Life Style, eine
Organisation die sich um Kinder und Jugendliche kümmert, die nicht
mehr in der Gesellschaft zurechtkommen, und gibt ihnen neue
Perspektiven, indem sie ihnen zeigt, wie man mit einfachen Mitteln
legal zu Geld kommen kann, damit Sie sich später wieder in die
Gesellschaft einglieder können). Hier werde ich auch bald Workshops
anfangen können.
Gegen Nachmittag erledige ich Dinge in der Stadt und komme gegen
Abend halb tot zu Hause an: 20 km Fahrrad über Berge, Stock und
Stein bei brütender Hitze in der dünnen Luft des 1700m hoch
gelegenen Windhöks hinter mir. Alle paar Tage nehme ich mir einen
freien Vor- oder Nachmittag, was nicht bedeutet daß ich dann nichts
mache, sondern daß ich nur nicht unterwegs bin, und stattdessen
Berichte oder Briefe schreibe, lese oder an neuen Spielzeugideen
herumtüftele.
Mit anderen Worten ich bin voll mit der ersten Phase meines Projektes
ausgelastet:
Zu guter letzt vielen Dank für die umfangreiche Unterstützung dieses Projektes, sei es auf finanzieller Weise, seien es ein paar nützliche Gefallen oder das einfache Interesse an meiner neün Arbeit, denn ohne diese drei Standbeine könnte ich gar nicht hier sein.
Ingo Frost (Veröffentlicht im Internet unter: http://members.aol.com/coolfrost/nam_log2.htm, als Nesletter und in brieflicher Form)