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5. Bericht zum Entwicklungsdienst mit EDEJU (Jan. 1999)

Vierter Bericht aus Namibia (1.1. bis 31.1.1999)

(1) Neuigkeiten vom Monat Januar im Überblick

Nach ueber 2 Monaten intensiver Vorbereitung und Ueberwindung diverser un- vorhersehbarer Schwierigkeiten faengt auch meine Arbeit endlich an die ersten kleinen Fruechte zu tragen.

Dank der grosszuegigen Unterstuetzung durch Spenden fuer Holzwerkzeuge und Arbeitsmaterialien (Spendenkonto: Deutsche Bank, KTO 2829000, BLZ 68070030, Betreff: Spende fuer Namibia), konnte ich mit ein paar interessierten schwarzen Jugendlichen die ersten Holzspielzeug-Workshops in den Raeumen der Roessingfoundation und bei KAYEC (Jugendzentrum in Katutura) starten.

Im Monat Januar konnte ich insgesamt 7 Workshop-Treffen bei Roessing, ein Treffen durch NYC und ein Einfuehrungstreffen in einem katholischen Jugendzentrum leiten. Alles in allem wurden 20 Personen (hauptsaechlich jugendliche Arbeitslose) in die Arbeitstechnik der Laubsaege eingefuehrt, und so konnten bisher ca. 35 kleine Spielzeuge hergestellt werden. Es handelt sich vorerst um einfache Holztierpuzzel (je aus 3-7 Teilen) die aus Sperrholzresten von Tischlereien angefertigt worden sind. Mit Hilfe eines Loetkolbens wurden einfache Strukturen sowie Gesichter auf die Puzzel aufgetragen und zum Teil mit speziellen Farben bestrichen und so auch konserviert.

Ich konnte auch mit NaDS (Namibisch-Deutsche Stiftung) und so mit den "DDR- Jugendlichen" (Waisenkinder, die von der DDR aufgenommen wurden und dort aufwuchsen) Kontakt aufnehmen, denn sie haben zusammen mit Frau Hopf hier in Namibia den "Ossi-Club" gegruendet. Am 26.1 war die Hauptversammlung, und ich habe mein Spielzeugprojekt vorgestellt. Mehrere waren interessiert, und ich hoffe dass sie mal bei meinem Roessing Workshop vorbeikommen.

Mit der Hans Seidel Stiftung habe ich auch eine Zusammenarbeit aufgenommen. So habe ich erfahren, dass von der HSS viele Kindergaerten durch Sachleistungen unterstuetzt werden. Eventuell sind sie bereit von meinen angehenden jungen Spielzeugfabrikanten Holzspielzeug zu kaufen, um es an finanzschwache Kindergaerten in Katutura zu vergeben.

In dem letzten Bericht kuendige ich eine Zusammenarbeit mit PENDUKA an. Jeder Anfang ist schwer und letztes Jahr hatte ich die Chance die ganze Projektidee einer Mitarbeiterin zu erklaeren und ihr ein paar Beispiele zu zeigen. Leider habe ich jetzt erfahren, dass diese Mitarbeiterin nicht mehr bei PENDUKA arbeitet. Ich habe mir also einen neuen Ansprechpartner gesucht und fuehre jetzt konkrete Projektplanungen durch.

Weiter konnte ich das erste Spielzeug (7 Holzpuzzel mit afrikanischen Tieren) zu einem guenstigen Preis an einen Kindergarten in Windhoek verkaufen und ein wenig Spielzeug an Muetter, die in einem anderen Kindergarten arbeiten.

Ich bin auch dabei einen Wochenendworkshop bei KAYEC vorzubereiten, auch wenn KAYEC mich anfangs aus Desinteresse mehr oder weniger abgelehnt hat. Als aber die KAYEC-Mitarbeiter in den Workshop mit NYC "reingeschnuppert" haben, sind sie von der Idee und meinem Projekt doch noch ueberzeugt worden.

Es ist erstaunlich wie schnell manche junge Namibier lernen mit der Laubsaege umzugehen. Bei dem einen Treffen hat zum Beispiel der eine nach einer halben Stunde Einfuehrung seinen Namen auf das Holz aufgezeichnet und sehr geschickt und gleichzeitig zuegig ausgesaegt, obwohl er das erste Mal eine Laubsaege in der Hand hatte und vorher nicht mit Holz gearbeitet hatte.

Alles faengt jetzt an zu meiner Zufriedenheit und ohne weitere groessere Probleme anzulaufen.

(2) Das Holzspielzeugprojekt bei der Roessing Foundation

Hauptzielsetzung dieses Projektes ist Wissen zu vermitteln, welches arbeitslosen Jugendlichen ermoeglicht Spielzeug zu entwerfen, herzustellen und eigenstaendig zu verkaufen (learning by earning). Bevor das allerdings klappen kann, muss genug Uebung und Erfahrung innerhalb des woechentlichen Workshops gesammelt werden (learning by doing). Die zweite Zielsetzung ist die Verbreitung von qualitativ und paedagogisch hochwertigem und gleichzeitig preisguenstigem Spielzeug, um den Selbstlernprozess bei spielenden Kindern zu erweitern und zu foerdern (learning by playing). Die dritte Zielsetzung ist der Aufbau einer sich selbst organisierenden und sich finanziell selbsttragenden Selbstlerngruppe, um Ideen auszutauschen und das Projekt altersuebergreifend fortzufuehren.

Gluecklicherweise hat die Roessing Foundation in Ihrem Bildungszentrum in Khomasdal uns einen Raum am Montag und Mittwoch Nachmittag kostenlos bereitgestellt. Ich habe mich von Anfang an um eine persoenliche und lockere Atmosphaere unter den Teilnehmern dieses Projektes gekuemmert, denn in erster Linie soll das Lernen und Arbeiten Spass machen. Inzwischen kann man die Beziehungen der Workshopmitglieder schon als freundschaftlich bezeichnen und wir versuchen im Team zusammenzuarbeiten.

Bei den ersten Treffen habe ich den Jugendlichen gezeigt wie man mit der Laubsaege umgeht, ich habe dabei festgestellt, dass sie gegenseitig "abgeguckt" haben und sich so immer verbessern konnten. Aus diesem Grunde arbeite ich auch mit der manuellen Laubsaege, denn so sehen sie wie zuegig man arbeiten kann, wenn man ein wenig Uebung hat.

Fuer viele war auch das Puzzel neu und ich habe gezeigt wie einfache Holzpuzzel entstehen, und wie man Tierpuzzel mit Gesicht versieht (mit Loetkolben einbrennen). Weiter haben die zukuenftigen Spielzeughaendler sich kleine Visitenkarten in Tierform (Sperrholz) angelegt und die erste Spielzeugpalette angefertigt, die als Anschauungsmaterial dienen soll, sodass dann die Kindergaerten Spielzeug bestellen koennen.

Ansonsten wurde das Spielzeug bunt bemalt und neue Ideen gesammelt und zum Teil schon umgesetzt.

Ich selbst habe inzwischen viele potentielle Kunden fuer das Spielzeug finden koennen, halte mich aber ein wenig zurueck, denn einer aus dem Workshop ist recht nahe daran einen kleinen Spielzeugauftrag selbst ans Land zu ziehen.

Die Workshops sollen so organisiert sein, dass sie sich selbst finanzieren. Wie aber soll ein Jugendlicher fuer ein Workshop aufkommen wenn er kein Geld hat? Ganz einfach: Er stellt jedesmal zusaetzlich ein kleines Holzpuzzel her mit dem er mich "bezahlt", und so gleichzeitig der Entwicklungsphilosophie "Hilfe nur gegen Gegenleistung" nachkommt. Das Spielzeug kann ich dann durch meine Kontakte verkaufen und mir so zumindest mein taeglich Brot verdienen.

In jedem Projekt gibt es natuerlich auch Schwierigkeiten und Problme, die ich hier nicht verschweigen moechte. Das erste was ich festgestellt habe, ist dass es am Anfang immer heisst "Ja gerne auf jeden Fall!", aber wenn es dann an die Umsetzung geht, klappt es doch nicht: Mehrere Jugendliche kommen nur unregelmaessig, mehrere Kunden ziehen Ihren Speilzeugauftrag zurueck, weil Ihnen ploetzlich einfaellt, dass sie doch nicht genug Geld haben.

(3) Workshops und Zusammenarbeit mit NYC (National Youth Council)

Inzwischen kenne ich fast alle Mitarbeiter von NYC (National Youth Council), denn ich bin fast alle 2 Tage dort. Von hier werden Projekte organisiert, denn NYC ist eine Dachorganisation, die anderen bei der Realisation von Jugendprojekten hilft. So konnte ich durch den Medienbeauftragten von NYC mein Projekt bei dem Radiosender KCR (Katutura Comunity Radio) in einem Live-Interview vorstellen. Ueber einen anderen Radiosender hat NYC den Workshop ebenfalls vorgestellt und so, mit durchschlagendem Erfolg Interessenten geworben: Weit ueber 30 Jugendliche haben sich inzwischen mit NYC in Verbindung gesetzt. Der erste Holzsaegeworkshop zusammen mit NYC fand mit 10 Jugendlichen in einem Raum von KAYEC (Katutura Youth Enterprise Center) statt. Ich habe ihn etwas anders durchgefuehrt als meine Roessing Workshops: Ich habe mich sehr mit meinen eigenen Ideen und Vorschlaegen zurueckgehalten, sodass viele Ihre eigene Phantasie eingesetzt haben. Auf diese Weise haben die Jugendlichen von sich aus gesehen wie vielseitig die Moeglichkeiten sind. Es sind z.B. Bilder (mit Loetkolben in Holz eingebrannt) angefertigt worden, aus Holz ein Namensschild, ein Herz, ein Delphin und noch ein paar andere neue Dinge.
In der letzten Woche habe ich zusammen mit NYC nach Moeglichkeiten gesucht diesen Workshop woechentlich durchzufuehren und das moeglichst an einem Ort den alle Teilnehmer zu Fuss erreichen koennen. Naechste Woche wird es damit konkret. Es kam auch die Idee auf, den Workshop in den laendlichen Gebieten durchzufuhren.

(4) Kooperation mit der katholischen Kirche

Ein anderer Partner ist die katholische Kirche, genauer die Jugendabteilung mit Ihrem Jugendzentrum in Katutura. Leider hat dieses erst in der letzten Januarwoche wieder geoeffnet, sodass der praktische Teil der Zusammenarbeit erst jetzt beginnen konnte.
Ich werde mit ein paar Jugendlichen, die selbst Jugendgruppen leiten, naechste Woche auch ein Holzspielzeugprojekt starten.

Ingo Frost (Veröffentlicht im Internet unter: http://members.aol.com/coolfrost/nam_log5.htm, als Newsletter und in brieflicher Form)


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