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8. Bericht zum Entwicklungsdienst mit EDEJU (April 1999)

Siebenter Bericht aus Namibia (1.4. bis 31.4.1999)

(1) Sonntaegliche Eindruecke

Es ist Sonntagnachmittag am 25. April, und waehrend ich um 9.00 aufgestanden und mit meinem Fahrrad zu einer kleinen Gemeinde im tiefen Katutura gefahren bin, um dort ein neues kleines Spielzeugprojekt vorzubereiten, schlafen sich die Zivildienstleistenden in Deutschland aus. Gleichzeitig zweifelt das Bundesministerium fuer FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN und JUGEND an der gemeinnuetzigkeit von EDEJU. Wie auch immer, ich bin also mit meinem Fahrrad auf dem Weg zum Sowetomarket in Katutura, wo ich auf Pastor Nelumbu von der evangelisch-lutherischen Kirche treffe. Heute ist Gottesdienst. Was das bedeutet habe ich erst begriffen, als ich da war:

In einer kleinen Halle, die nur mit einem Kreuz innen und aussen geschmueckt ist und einen kleinen Altar hat, treffen sich die ehemaligen Minenarbeiter und ihre Familien, die seitdem ihre Miene im Norden nicht mehr in Betrieb ist, weitestgehend alle nach Windhoek gezogen sind - so auch der Pastor, bei dem sonntaegigen Gottesdienst. Die einfache Kirche ist randvoll; da die Baenke keinen Platz fuer alle bieten, haben einige ihren eigenen Stuhl mitgebracht oder sitzen auf dem Boden. Sie sind in ihrer allerbesten Kleidung gekommen. Viele Maenner sehen aus wie europaeische Businessmaenner und die Frauen sind mit ihrem teuersten Schmuck behaengt. Der fast 3 stuendige Gottesdienst wird in Oshivambo gehalten. Jeder hat ein "oshivamboisches" Gesangbuch und manche sogar eine Bibel. Ich bin natuerlich laengst aufge fallen mit meiner weissen Hautfarbe und der Tatsache, dass ich voellig falsch (Short&Shirt) gekleidet bin.

Der Pastor, den ich bereits letzte Woche gesprochen habe, hat mich inzwischen auch entdeckt, stellt mich der Gemeinde vor, und nun geht es mit allen Kindern (ca. 30!) und zwei aelteren Betreuerinnen zu dem Marktplatz, wo mehr Platz ist. Ich zeige also den Kindern ein paar einfache Puzzel, und saege vor ihren Augen ein neues Puzzel aus. Nun haben die Kinder und die Betreuer gesehen worum es geht, nun koennen wir versuchen alle zusammen ein kleines Projekt zu starten.

Die eine Betreuerin wird Holz mitbringen, der Pastor wird einen grossen Tisch organisieren und ich bringe die Saegen und vielleicht auch jemanden aus meinem Workshop mit, sodass wir dann demnaechst richtig loslegen koennen. Es geht jetzt aber nicht primaer darum kleine eigenstaendige Spielzeugproduzenten auszubilden, sondern es soll erstmal nach dem Motto "Wir machen unser eigenes Spielzeug" gehen, und auf diese Weise Faehigkeiten, Phantasie und "learning by playing" gefoerdert werden.

(2) Zusammentreffen mit Herrn Kraus

Kommen wir nun zu dem diplomatischen Teil. Am 18. April bin ich mit dem Ausschuss fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zusammengetroffen und habe mein Projekt sowie meine bisherigen Erfahrungen vorgetragen. Der Vorsitzende Herr Rudolf Kraus, war nach dem Zusammentreffen mit Herrn Wolfgang Helmeth (Leiter von EDEJU-Deutschland) in Bonn, sehr daran interessiert mit einem EDEJU-ler vor Ort zu sprechen, was sich in Namibia angeboten hat, da der Ausschuss in der Woche diverse Projekte hier besucht hat. Das Gespraech ist sehr positiv verlaufen, und ich habe auch meinen 34 Seiten starken Halbjahresbericht vorlegen koennen, der meine Arbeit der letzten 9 Monate wiedergibt und gleichzeitig in die EDEJU- Thematik einfuehrt. Der Ausschuss war sehr ueberrascht, dass EDEJU und der "Andere Dienst im Ausland" nicht durch die Bundesrepublik Deutschland finanziell unterstuetzt wird. Sie werden sich dafuer einsetzen. Ich hatte auch den Eindruck, dass sie nun von EDEJU staerker ueberzeugt sind.

(3) Puppentheater

Diesmal habe ich alle nur moeglichen Kontakte eingesetzt, um etwas ueber Puppentheater in Windhoek herauszufinden, und namibische Jugendliche zu treffen, mit denen man ein mobiles Puppentheater aufbauen koennte. Neben zwei Studenten und Freunden von mir (aus Kenia und Tansania) bin ich auf das "Theater in the park" und vielen engagierten Menschen getroffen. Auch konnte ich mich mit jemand vom Mehrzweckjugendzentrum in Katutura, der dort ein Theaterprojekt leitet, treffen. Neues ist in Vorbereitung.

(4) Neue Holzspielzeug-Projekte

Neben dem Holzspielzeugprojekt bei der evanglischen Kirche in Katutura, sind zwei weitere Projekte vorbereitet und ruecken immer naeher.

Ich habe mehrere Male Jacob Smit von der "Catholic Aids Action" gesprochen und ein Projekt fuer eine Jugendgruppe dort ausgearbeitet. Nun wird nur noch ein Termin zum anfangen gesucht, was momentan ein wenig schwer ist, da gerade Schulferien sind und viele ihre Familien oder Bekannte im Norden besuchen.

Durch Pastor Nelumbu bin ich an eine Dame vom Ministerium fuer Grundbildung und Kultur gelangt, die wiederum enge Kontakte zu einem Jugendzentrum. u.a. fuer Strassenkinder, hat. Sie hat mein Projekt bei der Roessing Stiftung angesehen und war positiv ueberrascht. So wurde die Idee geboren etwas aehnliches auch fuer die Strassenkinder innerhalb dieses Jugendzentrums in Khomasdal auf die Beine zu stellen. Inzwischen habe ich zweimal Lehrer und Betreuer getroffen und Projektideen aufgestellt. Man koennte z.B. auch mit dem Tischlerprojekt, oder dem Kunstprojekt zusammmenarbeiten. Wenn nun alles mit den Vorgesetzten besprochen ist, koennte es schon nach den Ferien losgehen.

(5) Das Holzspielzeugprojekt bei der Roessing Foundation

Anfang des Monats lief dieses Projekt sehr schlecht, da Peter, der sein erstes Geld als Spielzeugproduzent selbstaendig verdient und auch genug neue Auftraege hatte, abgesprungen ist. Er hat jetzt einen (Buero-)Job bei einer Versicherungsfirma - Schade um seine Begabung mit den Haenden zu arbeiten. Auf meine Bemerkung hin, dass so wie ich die Namibianer bisher kenne, eher keine Versicherung abschliessen, sagte er, dass viele in dem Punkt leider zu bloed waeren. Auf die Frage ob er denn eine Versicherung haette, antwortet er mit nein.

Mit dem Schuelerberater der Roessing Stiftung zusammen, haben wir neue Teilnehmer gesucht und tatsaechlich 5 neue Gefunden. Diesmal habe ich etwas anders angefangen, und von Anfang an einen offenen Dialog gefoerdert, um allen bewusst zu machen, dass sie selbst das Projekt sind und sie dadurch eine gute Chance haben etwas zu lernen und Geld zu verdienen, denn bisher scheinen viele diese Chance nicht selbst erkannt zu haben.
Bis heute ist einer von denen immerwieder erschienen, bei den anderen weiss ich nicht genau, ob sie in den Ferien sind danach wiederkommen.
Diese neuen habe ich zusammen mit Shilvanus eingearbeitet, wobei Shilvanus (obwohl akademisch sehr zurueckgeblieben) das erste Mal wirklich etwas wie ein "Ansehen" hatte und mehr wusste als die anderen, und ist so richtig aufgeblueht. Zu dritt haben wir einen Spielzeugauftrag bearbeitet und der eine Neue hat zu Hause in Eigenarbeit einen Hampelmann zusammengebaut und bemalt.

(6) Computerprojekt

Leider hat die DHPS meine mehrfachen Anfragen zu den gebrauchten Computern nicht beantortet, so habe ich die Spenden letzten Monats vorerst fuer neue Farben, Werkzeuge und Holz eingesetzt. Gluecklicherweise habe ich einen Jugendlichen getroffen, der schon recht fitt in Sachen Computer ist, und mit dem ich wahrscheinlich ein Homepageprojekt starten werde. Da ich in dem Bereich sehr viel Erfahrung habe, kann er vieles von mir lernen, was man braucht, um Oeffentlichkeitsarbeit im Internet fuer kleine Firmen und Organisationen umzusetzen.

(6) EDEJU-Namibia Koordination und Dokumentation

Wie schon in 2. angesprochen habe ich Anfang dieses Monats einen Halbjahresbericht entworfen und geschrieben. Bisher gibt es nur einzelne gedurckte Versionen, da dieser Bericht ein Zwischenbericht ist. Man kann Ihn auch ueber meine Homepage herunterladen ( http://members.aol.com/coolfrost/nam_dl.htm). Diese Homepageversion ist in diesem Monat vollstaendig ueberarbeitet, erweitert und ausgebaut worden und in jedem Fall sehenswert!

Mit Tilan Sobek zusammen wurde ein "Tutorkonzept" entworfen, bei einer Onlinekonferenz diskutiert und im Internet verfoeffentlicht unter http://www.fleyenet.de. Es soll die Moeglichkeiten fuer die Vorbereitung und Einfuehrung in EDEJU neuen Interessenten fuer Namibia verdeutlichen und vor Augen fuehren.

Ingo Frost (Veröffentlicht im Internet unter: http://members.aol.com/coolfrost/nam_log8.htm, als Newsletter und in brieflicher Form)


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